Montag, 16. Juni 2008

Heiligendamm, ein Jahr danach

Der Zaun von Heiligendamm ist weg. Nicht das kleinste Fitzelchen Natodraht, nicht der geringste Brösel Beton ist noch zu sehen von der umkämpften Absperrung, die vor einem Jahr die Regierungschefs der acht führenden Wirtschaftsnationen im luxuriösen Kempinski-Hotel vom Rest der Welt trennte. Wochenlang hatten damals die Medien die Aufbauarbeiten des größten Großereignisses seit jeher an der Ostseeküste verfolgt. Die Lokalredaktionen hatten Betonquader gezählt (4860 Stück à 900 Kilo), die laufenden Kilometer Stahlgeflecht (12) und die aus dem ganzen Bundesgebiet anrückenden Polizisten (16 000). Feuilletonisten hatten den Zaun auf seinen Symbolgehalt abgeklopft und daran die Termini "Deutschland" und "Teilung", "Drinnen" und "Draußen" durchdekliniert.
Während Merkel und ihre Gäste drinnen dinierten, demonstrierten draußen tausende G8-Gegner, blockierten die Zufahrten, feierten und schlugen vor der Polizei in Hase- und Igel-Manier ihre Haken in die grünen mecklenburgischen Felder. Vor Augen immer nur ein Ziel: den Zaun. Am Ende war nicht ganz klar, wer der G8-Sieger war: Angela Merkel, die sich rühmte, George Bush eine windelweiche Klimaschutz-Zusage abgerungen zu haben? Die G8-Gegner, die sich feierten, weil sie bis an die drei Meter hohe Absperrung gelangt waren? Oder am Ende Frank Neumann, seines Zeichens Zaun-Hersteller, der der Welt die perfekte Trennung zwischen Drinnen und Draußen vorgeführt hatte?

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